Silvia Böhler
Überall fehlen Arbeitskräfte. Laut Experten ist das erst der Anfang des Fachkräftemangels – der demografische Wandel wird die Situation in den kommenden Jahren noch verschärfen. Langsam macht sich aber der Eindruck breit, dass niemand eine Lösung dafür hat.
Jüngst ist wieder eine kontroverse Diskussion um die Arbeitszeit entbrannt. Während Arbeiterkammer und SPÖ vor dem Ausbrennen der Mitarbeiter warnen und seit Jahren eine Arbeitszeitverkürzung fordern, plädierte vor kurzem die Industriellenvereinigung für die Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf 41 Stunden.
Vor einigen Tagen meldete sich schließlich Landeshauptmann Markus Wallner zum Thema. Es brauche Anreize, damit sich Leistung lohne. Wallner schlägt einen steuerfreien Vollzeitbonus in Höhe von 1.000 Euro vor. Ebenso sollten Pensionisten, die nebenher arbeiten, entlastet werden. „Dass man als Pensionist noch Pensionsversicherungsbeiträge zahlt, ist ein Fehler im System“, sagt Wallner, der ebenso klarstellt, dass Handlungsbedarf besteht. Laut Prognosen soll die Zahl der Erwerbspersonen bis zum Jahr 2050 lediglich um rund 4.500 Personen ansteigen, im gleichen Zeitraum die Gesamtbevölkerung aber um etwa 45.000 Personen wachsen.
Müssen die Jungen also doch länger arbeiten, um diese Lücken zu füllen? Die junge Generation hat eine klare Vorstellung, wie ihre Arbeit aussehen soll. Schuften wie die Eltern und Großeltern und ausschließlich für die Arbeit leben, gehören definitiv nicht dazu. Das eigene Auto und manchmal nicht einmal das eigene Einfamilienhaus sind erstrebenswerte Ziele, dagegen hat die Worklife-Balance einen hohen Stellenwert. Junge Menschen haben heute vielleicht ein anderes Verständnis von Besitz und Arbeit, Faulheit kann man ihnen aber nicht unterstellen. Ich erlebe Jugendliche und junge Erwachsene, die sich überdurchschnittlich einsetzen, weil sie einen Sinn in ihrer Tätigkeit sehen. Die Arbeitszeit ist dabei kein Thema.
Vielleicht sollten die Verantwortlichen deshalb weniger über Arbeitszeiten diskutieren, sondern eher darüber, wie junge Menschen ihre Talente finden und in einem Beruf verwirklichen können. Oft starten Jugendliche auch nach der Ausbildung mit Begeisterung in Unternehmen, wollen sich einbringen und werden von starren oder hierarchischen Strukturen ausgebremst. Sätze wie „Das haben wir immer schon so gemacht“ sind demotivierend. Die Frage lautet also, wie kann Engagement und Lebensqualität bei der Arbeit funktionieren? Nur zu jammern, hilft nicht. Jetzt braucht es Lösungen. Fakt ist aber auch, dass die Jungen den Fachkräftemangel allein nicht bewältigen können. Es braucht Zuwanderung, Pensionisten und mehr Frauen im Vollzeit.
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