Eine Stimme für Yunus und Bilal

Supermarkt-Betreiber Mehmet Tag appelliert an Politik und Gesellschaft

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    Mehmet Tag (re.) betreibt einen Supermarkt in der Achsiedlung. Hier hat er gerade einen Obstkorb für die Community Nurse der Stadt Bregenz überbracht.

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Foto: Stadt Bregenz

Seit 2022 führt Mehmet Tag in der Bregenzer Achsiedlung den „Lider Supermarkt“ – ein türkisches Lebensmittelgeschäft mit acht Mitarbeitern –,
alle haben einen Migrationshintergrund. Nun droht zweien jedoch die Abschiebung.


„Ich habe meinen Metzger an Europas Flüchtlingspolitik verloren“, bringt es Mehmet Tag auf den Punkt. Der 35-jährige gebürtige Deutsche hadert mit den Gesetzen, die in seinem Fall tatsächlich völlig konträr sind, was Integration betrifft. Konkret spricht er von Bilal D. Ein junger Mann, Anfang 20 und ausgebildeter Metzger. Ein Beruf, der auch in Vor-
arlberg als Mangelberuf gilt. Seit Januar 2025 war Bilal im „Lider Supermarkt“ beschäftigt. „Er war ein verlässlicher und beliebter Kollege“, spricht sein Chef bewusst in der Vergangenheit. 

Denn nach dem zweiten negativen Asylbescheid Anfang Juni – trotz gültiger Arbeitserlaubnis – hat Bilal Österreich aus Angst vor der Abschiebehaft in ein unbestimmtes Land verlassen. Er ist nun auf illegalem Weg über europäische Gewässer unterwegs – in der Hoffnung, in einem anderen Land neu beginnen zu dürfen. „Wir wissen nicht, ob er ankommt. Wir wissen nur: Wir haben ihn verloren“, ist für Mehmet Tag das Schicksal des jungen Kurden ungewiss. Bilal war – so Tag – motiviert und lernwillig. So gut es ging, besuchte er auch Deutschkurse. Erwartet wurde jedoch, dass er für einen Kurs täglich drei Stunden unterwegs ist – bei einer 37-Stunden-Arbeitswoche.


Was passiert mit Yunus

Der zweite Mitarbeiter ist Yunus T., ebenfalls gelernter Metzger. Seit Januar 2024 arbeitet er im „Lider Supermarkt“. Sein Chef beschreibt den Anfang-30-Jährigen als zuverlässig und fachlich top. Yunus lebt mit seiner schwangeren Frau in Feldkirch. Sie engagiert sich ehrenamtlich, hat selbst Deutschkurse bezahlt, darf aber nicht arbeiten. Das Ehepaar kam als politisch Verfolgte aus der Türkei nach Österreich. Auch für Yunus droht nach der Ablehnung in erster Instanz das gleiche Schicksal. Sein Asylverfahren ist noch offen. Doch auch ihm und seiner schwangeren Frau droht der Abschiebungsbescheid. Am schlimmsten für die beiden ist die Ungewissheit. 

Sowohl Bilal als auch Yunus sind Fachkräfte, auf die Mehmet Tag nicht verzichten kann. „Metzger ist ein Mangelberuf in ganz Österreich. Ich habe mehrfach beim AMS ausgeschrieben – vergeblich. Die beiden sind für mich wirtschaftlich unverzichtbar. Die Metzgerei macht 30 Prozent meines Umsatzes aus. Wie soll ein Betrieb weiterlaufen, wenn seine Fachkräfte ohne Alternative abgeschoben werden?“ Doch sie sind vor allem Menschen. „Sie sind keine ‚Fälle‘. Sie sind Menschen. Kollegen. Freunde. Teil eines Teams“, konkretisiert der Unternehmer. 


Was für eine Botschaft?

„Was bedeutet es für meine anderen Mitarbeitenden –, wenn ihre Freunde, mit denen sie täglich arbeiten, lachen, essen, plötzlich verschwinden?“ Was für eine Botschaft senden wir an Menschen, die hier dazugehören wollen? Was für ein Signal an Betriebe, die Verantwortung übernehmen? Was für ein Land wollen wir sein?“ Viele Fragen, auf die er von den offiziellen Stellen bisher keine zufriedenstellenden Antworten erhielt. 

Deshalb ruft er die Medien auf: „Ich schreibe diesen Appell, weil ich nicht schweigen will. Ich bin kein Jurist. Ich bin Unternehmer. Aber ich sehe, was falsch läuft. Und ich glaube, es darf nicht länger unter der Oberfläche bleiben. Ich bitte Sie: Machen Sie diesen Fall sichtbar. Geben Sie Bilal und Yunus eine Stimme – und damit auch allen anderen, die arbeiten wollen, aber nicht dürfen. Und jenen, die Verantwortung übernehmen – und dafür allein gelassen werden.“ (red) 


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