
Isabelle Cerha
Die Zerreißprobe
Neun Wochen Sommerferien. Vier schulpflichtige Kinder. Eine arbeitende Frau, die ihren Beruf mit Leidenschaft ausübt und nicht missen möchte.
Würde meine Aufgabe als Frau ausschließlich darin bestehen, Socken zu stopfen, Marmelade einzukochen, Gemüse für den Winter einzulegen und Feuerholz zu richten – natürlich neben der Kindererziehung – wäre mein Tag vermutlich ausgefüllt. Dank Waschmaschine, Spülmaschine und all der kleinen technischen Helfer haben wir heute mehr Zeit – und auch das Recht einer Arbeit nachzugehen, die nicht nur Anerkennung bringt, sondern auch ein Stück Selbstbestätigung schenkt. Etwas, das klassische Hausarbeit so selten bietet, geschweige denn in der Pension honoriert wird.Und wehe der, die ihre Ehe oder Partnerschaft nicht aufrechterhalten kann – dann fehlt im Alter die Unterstützung, die früher als selbstverständlich galt. Erzogen als selbstständige Frau, die alles erreichen kann, war mein Weg klar: Kinder wünschenswert, aber nicht zu früh. Erst Ausbildung, Erfahrung, Selbstständigkeit. Und ja, da ist diese biologische Uhr, die man nicht überhören sollte. Alles eingehalten, alles erledigt.
Doch kaum beginnen die Sommerferien, bleibt die Betreuung – wie so oft – an der Frau hängen. Eine Zerreißprobe zwischen Arbeit und Kindern, zwischen dem Absichern der Zukunft und dem Anspruch, in der Gegenwart keine „schlechte“ Mutter zu sein. Gleichzeitig gilt es, gesellschaftliche Anlässe wahrzunehmen, Freundschaften zu pflegen und den eigenen Horizont nicht aus den Augen zu verlieren. Ganz ehrlich: die perfekte Lösung habe ich nicht gefunden. Vielleicht hat ja die Politik oder ein Mann darauf eine Antwort – ich warte geduldig. Und ein bisschen skeptisch.