
Silvia Böhler
Tiere brauchen mehr als nur Gesetze
Der jährliche Welttierschutztag am 4. Oktober soll uns daran erinnern, dass wir nicht allein auf diesem Planeten leben. Mittlerweile gibt es zahlreiche Gesetze, um Tiere vor Leid zu schützen und ihre artgerechte Haltung zu regeln. In manchen Bereichen sind damit Fortschritte erzielt worden, es gibt aber noch reichlich Luft nach oben. Schweine werden noch immer in Kastenständen und auf Vollspaltenböden gehalten und damit sie sich Schwänze und Ohren aus Langeweile und Frust nicht anknabbern, werden diese vorsorglich abgeschnitten. Wirtschaftlich unrentable Kälber werden nach wie vor durch Europa und weiter in Drittstaaten gekarrt. Jeder weiß, welche Tortur und Tierquälerei das bedeutet. Und während die Qualzucht bei Haustieren mittlerweile verboten ist, waltet bei Nutztieren die Großzügigkeit. Je schneller die Tiere wachsen, je mehr Eier und Milch sie produzieren und je mehr Fleisch sie ansetzen, desto höher ist schließlich der Profit.
Tierschutzgesetze hin oder her - viel zu oft stehen Gewinnmaximierung und der persönliche Vorteil der Menschen über dem Wohl der Tiere. Ruth Sonnweber, seit Oktober 2024 Vorarlbergs Tierschutzombudsfrau, zieht im Ö1-Interview eine ernüchternde Bilanz: „Wenn wir uns umschauen, wie Tiere in unserem Umfeld auftreten, muss man eigentlich sagen, zum Großteil verwenden wir Tiere.“ Als Beispiele nennt sie Nutztiere in der Landwirtschaft, Tiere für die Therapie und Polizeihunde. Ganz selten bestehe eine respektvolle Koexistenz von Mensch und Tier.
Ohne einen solchen Nutzen für die Menschen droht manchmal sogar der Tod. In der Realität heißt das: Der Wolf muss weg, weil er Rinder und Schafe bedroht, der Kormoran muss weg, weil er zu viele Fische frisst oder der Biber muss weg, weil er Straßen untergräbt. Dass wir es mit dem Tierschutz nicht besonders ernst meinen, zeigt auch der Tätigkeitsbericht der Vorarlberger Tierschutzombudsstelle. Im Jahr 2024 wurden 233 Übertretungen gegen das Tierschutzgesetz oder einer der dazugehörigen Verordnungen festgestellt. In mehr als der Hälfte der Übertretungen wurden aber keine Geldstrafen, sondern lediglich Verbesserungsaufträge erteilt. Wäre das bei Verfehlungen im Straßenverkehr oder bei Diebstahl möglich? Auch Tierschutzgesetze sind nur so gut wie ihre Umsetzung und ohne konsequente Sanktionen bleiben sie in der Praxis wirkungslos.
Das Unvermögen beziehungsweise der fehlende Wille Tierschutzgesetze wirksam durchzusetzen, zeigt uns aber vor allem eines: Gesetzliche Fortschritte und die Verpflichtung Tiere zu schützen, ist das eine. Aufrichtiges Mitgefühl für Tiere das andere. Um Verbesserungen zu erzielen, gibt es nur eine Lösung: Wir brauchen mehr Empathie für die Tiere und eine Gesellschaft, die tatsächlich bereit ist, Verantwortung für das Wohl der Tiere zu übernehmen.